Trauerfeiern als öffentlicher Teil einer letzten Verabschiedung sind Teil unserer abendländischen Kultur und stehen in einer christlichen Tradition mit Pfarrer, Psalmlesung, Ansprache, Aussegnung und Orgelspiel. Da sich jedoch viele Menschen in Berlin eher als kirchenfern sehen und zum Teil auch aus der Kirche ausgetreten sind, ist diese Art der Verabschiedung für viele Menschen nicht mehr unbedingt stimmig. Vieles hat sich in Berlin in den vergangen 10 Jahren bei den Feiern schon geändert. Es gibt immer mehr weltliche Trauerredner und auch immer mehr Familien und Freunde, haben den Mut, die Gestaltung einer Feier in die eigenen Hände zu nehmen. Wir unterstützen und beraten Sie deshalb als An- und Zugehörige auch darin, die Trauerfeier so individuell zu gestalten, wie es das Leben des Verstorbenen war. Ziel einer so gestalteten Feier ist eben nicht mehr der Vollzug des Ritus, sondern die Belebung, Erweiterung und Verankerung der Erinnerung an die Verstorbene, ihr Leben und das was sie für die Anwesenden ausgemacht hat und die Einsicht in die Vergänglichkeit alles Seins. Die Entscheidungen über die Auswahl von Texten, Redner/Pfarrer, Musik, Blumen und Raumgestaltung sollten immer Antworten auf die Leitfrage sein: Passt das? Ruft das stimmige Erinnerungen hervor? Repräsentiert das wirklich einen wichtigen Teil des Lebens der Verstorbenen? Vielleicht ist es eher wie ein Mosaikstein in einem Gesamtbild. Nichts ist langweiliger als der Vortrag eines tabellarischen Lebenslaufes. Es sind oft kleine Geschichten oder Teile der Dekoration, die wie ein Schlaglicht Räume von Erinnerung aufreißen: JA – so war sie! Problematisch ist dabei meist das rigide Zeitmanagement auf den Friedhöfen, wo die Feier nach 20 oder 30 Minuten beendet sein muss, da die nächste bereits nach 45 oder 60 Minuten beginnt und die Kapelle bis dahin geräumt und wieder neu dekoriert sein muss. Der Fachverband für weltliche Bestattungs- und Trauerkultur e.V. hat Vorstellungen entwickelt, wie es auch sein könnte: La Montanara – wir spielten es für Marion. Marion war eine passionierte Skiläuferin, die jede freie Minute in den Bergen verbrachte. Als sie starb, haben ihre Freunde mit der Trauerfeier ihr Leben in ganz besonderer Weise nachklingen lassen: Marion lag in einem schlichten Brückensarg, dessen Wölbung mit etwas Fantasie als Abfahrtspiste betrachtet werden, aber auch für das Auf und Ab des Lebens stehen kann. Die Sargdecke aus weißen Alpenveilchen und so genanntem Gärtnertod, blauem Rittersporn, Koniferen, Blautanne und immergrünen Ranken stellte die Landschaft dar, die Marion so liebte. Ihre Skistöcke waren darin eingearbeitet. Skier und Skistiefel standen an einer Blumenampel, deren weiße Chrysanthemenköpfe tief herab hingen und an schneebedeckte Berghänge erinnerten. Statt schwerer Kandelaber wurden viele Teelichte auf dem Sarg und um ihn herum verteilt. Eine großformatige Fotocollage mit Bildern von Marion – bei der Abfahrt, beim Langlauf, auf dem Snowboard, in gemütlicher Runde bei Jagatee und Glühwein – war hinter dem Sarg angebracht. Der Sarg selbst stand inmitten der Trauergäste, als Zeichen dafür, das der Tod zum Leben gehört. Auch sollte Marion nicht abseits stehen, isoliert von ihren Freunden, die ja gekommen waren, um von ihr Abschied zu nehmen, sich in der Gemeinschaft geborgen zu fühlen und sich so miteinander zu trösten. Nach einer kurzen Ansprache erzählte jeder Anwesende selbst eine kleine Geschichte über gemeinsam Erlebtes und Erfahrenes, erinnerte sich ihrer Lebensfreude und ihres Frohsinns, aber auch ihrer Sorgen und traurigen Momente. Es wurde über alles gesprochen, auch über Enttäuschungen. Briefe und Tagebucheintragungen wurden gelesen, ein paar Fotos, vergilbte Eintrittskarten mitgebracht – Mosaiksteine eines Menschenlebens, ein Kaleidoskop, das Marion noch mal aufleben ließ, ihre Lebenseinstellungen nahe brachte, bestehende Missverständnisse klärte, Eindrücke vertiefte. Dabei kamen sich Menschen näher, die sich vorher nicht kannten, die aber, dadurch dass sie mit Marion verbunden waren, wenn auch in unterschiedlichen Lebensabschnitten, ein gewisses Gefühl von Zusammengehörigkeit spürten. Marions Lieblingsmusik wurde gespielt und in Erinnerung an die vielen schönen Stunden mit ihr in urigen Skihütten trank man zum Abschied – natürlich – ein Glas Jagatee. Der Raum war dekoriert mit hundert gasgefüllten weißen Luftballons. Anstelle eines Kondolenzbuches lagen kleine Zettelchen aus, auf die jeder Gast einen Gedanken, einen Abschiedsgruß, eine bleibende Erinnerung oder auch einen Wunsch schrieb. Diesen Zettel befestigte er dann an einem Luftballon. Am Grab ließ man die Ballons in die Lüfte empor steigen, als gemeinsame Handlung, als Symbol des Loslassenmüssens. Statt Erde wurden weiße Blütenblätter übers Grab gestreut. Als Erinnerung an die Feier nahm jeder Gast ein gestaltetes Programmheft mit nach Hause. Diese eben beschriebene Feier war eine fiktive Feier, inszeniert vom Humanistischen Verband auf Einladung eines Bestattungsunternehmens anlässlich der Eröffnung seines Hauses der Begegnung. Wir haben in dieser Fiktion umgesetzt, was wir uns beim letzten Adieu für einen jeden Menschen wünschen: Eine Abschiedsfeier zu gestalten, die einmalig ist, unverwechselbar und nicht ersetzbar, so wie ein Menschenleben.Fiktives Beispiel für eine Trauerfeier