Trittsteine

Wir stehen am Ufer. Wasser vor uns. Wie tief ist es? Müssen wir waten? Gibt es Strömung? Kommen wir auf der anderen Seite an – vielleicht sogar trockenen Fußes? Manchmal gibt es Trittsteine, Steine die aus den Wasser ragen auf die man treten kann. Sichere Tritte im Wasser.

Die Zeit zwischen dem eingetretenen Tod und der Beerdigung ist für die Angehörigen wie das Wasser. Sie müssen hindurch und auf der anderen Seite angelangen. Es gibt Entscheidungen zu treffen, Schritte zu tun, sich dem zu stellen was ist.

Alles kann zu einem Trittstein werden: eine letzte Gabe in den Sarg zu legen, vielleicht einen Brief an den Verstorbenen zu schreiben, einen Baum zu pflanzen… Rituale können Trittsteine sein. Wobei dies nicht unbedingt eine spezielle Zeremonie sein muss, sondern auch eine einfache Handlung, die in eine innere Zustimmung führt zu dem was ist.

Es macht eben einen Unterschied, ob Eltern den Sarg Ihres Kindes selbst verschließen und damit selbst handelnd einen Schlusspunkt setzen auf dem Weg des Verabschiedens: Nun kann niemand mehr unser Kind ansehen oder berühren – auch wir nicht, oder ob der Sarg irgendwann einfach zu ist – verschlossen in Abwesenheit der Eltern.

Ermutigende Begleitung ist bei diesen letzten Schritten oft nötig, da die wenigsten Menschen heutzutage dies schon einmal gemacht haben. Im Vordergrund steht immer die Frage, was die Freunde und Angehörigen auf ihrem Weg unterstützen kann. Manchmal ist es gut sie für eine Weile mit dem Verstorbenen allein zu lassen, manchmal brauchen sie die Sicherheit, die die Anwesenheit eines erfahrenen Menschen vermitteln kann, manchmal beides im Wechsel. Oft ist es ein Wechselspiel zwischen Ergriffenheit, einem sich einlassen auf die eigene Trauer, sich wieder distanzieren, handeln, sich wieder hinsetzen, weil man es kaum aushält.