Auch Kinder und Jugendliche sterben

Weiterführender Text von Professor Dr. med. J.-C. Student vom Hospiz Stuttgart:

Trauer um den Tod eines Kindes

Diese Tatsache ist für betroffene Eltern besonders schwer anzunehmen. Ob schon vor der Geburt, oder nach einigen Jahren, dieser Verlust ist kaum zu (er)tragen. Aber es geschieht.

Weil wir dem Tod gegenüber so machtlos sind, neigen wir unbewusst auch zu einer Art magischem Denken: Solange ich noch kein Testament gemacht habe, kann ich auch noch nicht sterben. Solange meine Eltern noch leben, bin ich noch nicht dran. So leben Kinder lange in der Vorstellung, der Tod könne ihnen (noch) nichts anhaben. Dies deckt sich natürlich auch mit der realen Lebenserfahrung und den Zahlen der Statistik: Die Älteren sterben vor mir! Im Einzelfall ist aber Statistik nicht anwendbar.

Durch den Tod eines Kindes werden wir dieser (angeblichen) Sicherheiten beraubt. Wir müssen uns der Wahrheit stellen: Jeder kann zu jedem Zeitpunkt seines Lebens sterben. Alles was lebt ist sterblich. Wenn der Tod nicht einmal vor meinem Kind Halt macht, dann ist das Leben kein sicherer Ort mehr. Das ist nicht in Ordnung! Das ist unfair!

Bei dem Tod eines Kindes können wir uns nicht mehr retten mit Sätzen wie: Er hatte ein langes und erfülltes Leben, denn mit dem Kind sterben auch all die Hoffnungen und Wünsche, die wir in das Leben dieses Kindes gesetzt hatten. Das Leben der Eltern scheint sinnlos geworden zu sein. Wenn Eltern am Grab ihres Kindes stehen ist es unerheblich, ob ihr Kind tot geboren wurde oder schon erwachsen war. Es ist ihr Kind das sie beerdigen.


Auch Kinder sterben – und müssen beerdigt werden

Natürlich ist der Moment, wenn Eltern ihr totes Kind sehen, sehr schmerzhaft. Aber hier setzt ein heftiger Trauerprozess ein, der mithilft, den Verlust zu verarbeiten. Hier werden Eltern auch damit konfrontiert, dass das Kind wirklich tot ist, hier können sie auch liebevoll Abschied nehmen. Wenn Eltern die totgeborenen Kinder nicht gezeigt werden, dann hängt das damit zusammen, dass man sie schonen, dass man ihnen diesen schmerzhaften Moment ersparen will. Diesen Schmerz kann man ihnen aber nicht ersparen, mit dieser Schonhaltung schafft man ihnen im Gegenteil viele Probleme für die nachfolgende Trauerarbeit, die für die psychische Gesundheit sehr wichtig ist.

von Verena Kast, aus: Im Himmel welken keine Blumen, Hrsg. C. Student